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Untersuchungen von Rechtsverletzungen an den EU-Grenzen nach wie vor wirkungslos

Group of two migrants or terrorists held by soldier at border patrol
Miljan Živković / adobestock.com, 2024
Versäumnisse bei der Rettung und Unterstützung von Migranten in Not, Misshandlung und Missbrauch sind nur einige der schwerwiegenden und lebensbedrohlichen Menschenrechtsverletzungen an den Land- und Seeaußengrenzen der EU, die nicht ordnungsgemäß untersucht werden. Der jüngste Bericht der EU-Agentur für Grundrechte (FRA) zeigt systemische Lücken und Hindernisse bei der Untersuchung solcher Verstöße auf. Das Migrations- und Asylpaket bietet die Möglichkeit, diese Probleme anzugehen. In dem Bericht werden konkrete Schritte vorgeschlagen, um sicherzustellen, dass Vorfälle mit tödlichem Ausgang und Misshandlung an den EU-Grenzen wirksam untersucht werden.

Der Bericht „Guidance on investigating alleged ill-treatment at borders“ (Leitlinien zur Untersuchung mutmaßlicher Misshandlungen an den Grenzen) zeigt, dass viele schwere, wiederkehrende und weit verbreitete Rechtsverletzungen an den Grenzen nicht ordnungsgemäß untersucht werden.

Die Opfer erstatten nur selten Anzeige bei den Strafverfolgungsbehörden, weil sie den Behörden misstrauen, Vergeltungsmaßnahmen fürchten oder die verfügbaren Verfahren nicht kennen. Die Untersuchung von Vorfällen ist ebenfalls schwierig, da kaum Beweise vorliegen, insbesondere wenn sich Verstöße in abgelegenen Gebieten oder nachts ereignen. Bei den Untersuchungen mangelt es oft an Unabhängigkeit, sie sind nicht gründlich, dauern zu lange und beziehen selten die Opfer mit ein.

Opfer von Menschenrechtsverletzungen an den Grenzen haben Schwierigkeiten, Rechtsmittel bei nationalen Gerichten einzulegen. Immer mehr Fälle erreichen den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, der die Mitgliedstaaten wegen unzureichender Untersuchungen von Misshandlungen und Todesfällen an den Grenzen gerügt hat.

Durch die mit dem Migrations- und Asylpaket angenommene Screening-Verordnung sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, mutmaßliche Grundrechtsverletzungen an den Grenzen zu untersuchen. Das Migrations- und Asylpaket sieht vor, dass die Mitgliedstaaten nationale Umsetzungspläne verabschieden, die auch Maßnahmen für unverzügliche und wirksame Untersuchungen enthalten sollten.

Um Migranten und Flüchtlinge besser zu schützen, fordert die FRA eine strenge Überwachung an den Grenzen und wirksamere Rechenschaftsmechanismen. Die FRA legt folgende Schritte fest, um wirksame Untersuchungen von Rechtsverletzungen an den Grenzen zu ermöglichen:

  • Aufzeichnungen von Zeugenaussagen: Menschenrechtsorganisationen sollten Zeugenaussagen über Rechtsverletzungen dokumentieren, regelmäßige Übersichten über die Fälle veröffentlichen und relevante Informationen an die Staatsanwaltschaft weiterleiten.
  • Transparenz: Die nationalen Behörden sollten regelmäßig Statistiken über die Anzahl und die Art der Disziplinarmaßnahmen und strafrechtlichen Untersuchungen und deren Ergebnisse veröffentlichen.
  • Unabhängige und faire Untersuchungen: Die Behörden sollten die Fälle spezialisierten Strafverfolgungsabteilungen zuweisen, um unvoreingenommene Untersuchungen zu gewährleisten.
  • Leitlinien für Staatsanwälte: Die Staatsanwaltschaften sollten klare Leitlinien für die Untersuchung von grenzbezogenen Rechtsverletzungen und für die Sammlung von Beweismaterial herausgeben. Sie sollten Informationen über Muster, Mängel und bewährte Verfahren bei Untersuchungen erkennen und austauschen.
  • Opfern eine Stimme verleihen: Die Behörden sollten auch Rechtsanwälte oder Opferschutzorganisationen hinzuziehen, um sicherzustellen, dass die Opfer vertreten und bei der Teilnahme an den Verfahren unterstützt werden.
  • Sammlung von Beweismaterial mit Hilfe von Technologie: Die Ermittler sollten Überwachungsaufzeichnungen, GPS-Daten von Strafverfolgungsfahrzeugen und -personal sowie, soweit rechtlich zulässig, die Ortungsdaten von Opfern und Zeugen nutzen, um die Opfer zu identifizieren und die Abfolge von Ereignissen zu rekonstruieren.

Hierzu äußert sich die FRA-Direktorin Sirpa Rautio wie folgt:

„Es gibt zu viele Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen an den Grenzen der EU. Europa ist verpflichtet, alle Personen an den Grenzen fair, respektvoll und unter uneingeschränkter Achtung der Menschenrechtsnormen zu behandeln. Dies erfordert wirksame und rechtekonforme Grenzmanagementpraktiken, die durch solide und unabhängige Untersuchungen in Bezug auf alle Vorfälle von Rechtsverletzungen unterstützt werden.“

In diesem Bericht der FRA werden Disziplinarmaßnahmen und strafrechtliche Untersuchungen zu Rechtsverletzungen gegen Migranten und Flüchtlinge an den Land- und Seeaußengrenzen der EU zwischen 2020 und 2023 untersucht. Er befasst sich mit Vorwürfen der unterlassenen Rettung von Menschen in Not, der körperlichen Misshandlung und anderer Formen unmenschlicher und erniedrigender Behandlung, die das Leben und die körperliche Unversehrtheit von Migranten gefährden. Der Bericht geht jedoch nicht auf die Verwaltungsverfahren im Zusammenhang mit Asyl oder Rückführung und das Versäumnis, Asylsuchende in die entsprechenden Verfahren zu verweisen, ein.

Weitere Auskünfte erhalten Sie unter: media@fra.europa.eu / Tel.: +43 1 580 30 653